Die Bulgaren machen ausführliche Kofferraum-Kontrollen, worüber sich ein paar Grenzgänger lautstark beschweren. Wir werden dann aber, nach beiläufigem Blick in Sabines Lenkertasche, rasch durchgewinkt. Von nun an gehts bergab, den Schneebergen am Horizont entgegen. Wir entdecken den See Logudach und liebäugeln damit, unser Zelt da aufzuschlagen. Als wir näher kommen, treffen wir auf ein Duzend Leute, die ihr Wochenende ebenfalls mit Zelten und Trinken am See verbringen. Nebenbei ziehen sie ab und zu an ihrer Fischerrute oder schiessen Enten. Perfekt, hier haben wir einen schönen Schlafplatz gefunden!
Der nächste Tag startet mit der Abfahrt Richtung Blagoewgrad. Wir sitzen noch nicht lange im Sattel, kommen uns Katrien und Wouter aus Belgien auf ihren Tourenvelos entgegen. Sie sind schon fast ein Jahr in Europa unterwegs und fahren so lange weiter, bis ihr Geld ausgeht. Cool! 🙂
Um die Mittagszeit erreichen wir Dupniza, wo wenig los ist. Wir finden kein Restaurant und kaufen uns bei einem Fast Food-Stand ein Sandwich gefüllt mit Käse, Fleisch, russischem Salat und Pommes… Nach einem Glace sind wir vollkommen in der Verdauungsphase angekommen und es fällt uns wieder einmal schwer, in die Gänge zu kommen.
Im Etappenzielort Samokov gönnen wir uns im fast leblosen Zentrum einen Drink. Danach klingeln wir am grossen Tor unseres Guesthouses. Nach einiger Wartezeit öffnet sich ein kleines Fenster und der Gastgeber schaut etwas grummlig zu uns. Als er dann aber unsere Velos erblickt, ist er ganz aus dem Häuschen. Er stellt sich als Aleks vor und zeigt uns gleich sein eigenes, neugekauftes Tourenvelo. Sein Traum ist es, im Sommer einen Teil des Europa-Fahrradweges zu machen. Spontan ladet er uns zum Abendessen und auch gleich zum Frühstück ein. Es wird ein lustiger Abend mit Vodka und Wein.
Gestärkt mit bulgarischen Pancakes starten wir nach Plovdiv. Im Ski-Ort Borowez sind die Pisten noch weiss. Man könne noch Skifahren, hat Aleks gemeint. Wir geniessen die T-Shirt-Temperaturen und hoffen, den Winter für die nächsten Monate endlich hinter uns gelassen zu haben. Ab Kostenets kommen wir auf eine stark befahrene Strasse und bis Plovdiv gibt es nicht viel Abwechslung. Die Stadt gefällt uns dann aber supergut: Wir finden ein hübsches Hotelzimmer in einem alten Holzhaus, zudem hat es einen grossen, schön angelegten Park, diverse Kaffees und Restaurants mit vielen Gästen. Als es eindunkelt, werden die zahlreichen historischen Gebäude hübsch beleuchtet, sodass wir beim Glace-Essen etwas vorsommerliche Atmosphäre verspüren. Gerne würden wir hier einen weiteren Tag verbringen. Aber wir treffen in drei Tagen unsere Familien in Istanbul. Da heisst es, weiterfahren und Gas geben. Aber hierher kehren wir sehr gerne zurück.
In Charmanli haben wir auf der Karte einen Campingplatz gefunden und daher dort unser nächstes Etappenziel gesetzt. Die Fahrt dorthin bleibt weiterhin ziemlich unspektakulär. Auf einer stark befahrenen Strasse pedalen wir stundenlang geradeaus. Auch landschaftlich gibt es nicht viel Abwechslung. So vertreiben wir uns die Langeweile mit Singen, Musikhören, Schwatzen und Träumen 😉 Nach gut 120km erreichen wir die Stadt. Wir folgen dem Campingplatz-Schild, doch dies führt uns nicht zum Ziel. Wir fahren planlos durch den Ort, als plötzlich ein weiteres Schild auftaucht – diesmal mit Distanzangabe: 10km. Phu… Dies ist der Zeltplatz im Nachbarsort! Da es langsam eindunkelt, drücken wir nun kräftig in die Pedale. Plötzlich fährt es sich fast wie von selbst und wir stehen ca. 25 Minuten später am Dorfeingang Biser.
Richtig erholt fühlen wir uns heute trotz guter Nacht nicht. Aber wir haben zum Glück nur eine kurze Etappe geplant und starten bei Sonnenschein in Richtung Türkei.